Vom Zustand einer Stadt. 
Sonntag, November 8, 2015, 16:19 - BERN
Plötzlich waren da mitten in der wunderschönen, rot-grünen Bilderbuchstadt - aktuell ergänzt durch saisonal bedingte Gelb- und Brauntöne - jede Menge fremder Kinder. Die Unterkünfte in der alten, seit kurzem leer stehenden städtischen Feuerwehrkaserne sind vorbildlich saniert, voll bezugsbereit. Nur der Innenhof - nein, der durfte nicht betreten werden. Der zuständige Statthalter persönlich pochte nachdrücklich darauf: Der Innenhof ist "tabu"! Mit der Begründung, die Öffnung des Hofes sei nicht Gegenstand des Baugesuches für die Asylunterkunft gewesen. Auch habe die Stadt Bern als Eigentümerin explizit bestätigt, dass sie dafür sorgen werde, die Tore zum Innenhof geschlossen zu halten.

Bis dann schliesslich einem städtischen Gemeinderat, erstaunlicherweise parteipolitisch gar nicht dem vorherrschenden farblichen Grundmuster zugehörend, der Kragen platzte ob so viel Reglementierung und bürokratischem Geschwätz, fern jeglicher Realitäten - er schnappte sich eines Tages kurzerhand den Innenhof-Schlüssel und sagte: "So liebe Kinder, jetzt geht mal schön da draussen spielen!"



Seitdem wagt kein Schwein mehr zu sagen, dass der Innenhof tabu sei ... seitdem sieht man - besonders auch jetzt, an diesen wunderbaren, beinahe sommerlichen sonnig-warmen Novembertagen - täglich Kinder und Erwachsene, die sich draussen im weitläufigen Innenhof aufhalten.

Der verdatterte Statthalter - die mediale Schelte blieb zum Glück nicht aus - brummelte anschliessend noch kleinlaut etwas von "eigentlich hätte ich die Rechtslage vorher abklären sollen"; und "ja, eigentlich - EIGENTLICH! - könnte man ja den Aufenthalt von Kindern im Innenhof durchaus zulassen" ...



Bern, oder: wo das Wort STAAT immer grösser geschrieben wird und - wen wundert's, wenn man sich (z.B.) die 80 Seiten Legislaturziele zu Gemüte führt - das Wort "Eigenverantwortung" schlicht nicht existiert.

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