Loblied. 
Samstag, Oktober 8, 2005, 16:00 - PARIS
Du hast Sorgen, sei es diese, sei es jene --- ins Kaffeehaus!
Sie kann, aus irgendeinem, wenn auch noch so plausiblen Grunde, nicht zu dir kommen --- ins Kaffeehaus!
Du hast zerrissene Stiefel --- Kaffeehaus!
Du hast 400 Kronen Gehalt und gibst 500 aus --- Kaffeehaus!
Du bist korrekt sparsam und gönnst dir nichts--- Kaffeehaus!
Du findest keine, die dir paßt --- Kaffeehaus!
Du stehst innerlich vor dem Selbstmord --- Kaffeehaus!
Du hasst und verachtest die Menschen und kannst sie dennoch nicht missen --- Kaffeehaus!
Man kreditiert dir nirgends mehr--- Kaffeehaus
Kaffeehaus
(Peter Altenberg, 1859-1919, Wien)

Marais, Rue St. Antoine
Fragmente eines Paris-Aufenthalts. 
Samstag, Oktober 8, 2005, 00:41 - PARIS
TGV – eine kurze Fahrt eigentlich, aber sie zieht sich doch hin, trotz iPod und reichlich Lektüre – Gare de Lyon, endlich – im Train Bleu die wie üblich kurze, überwältigende Einstimmung auf Paris, welche immer sofort gelingt – beschwingt den Boulevard de la Bastille runterlaufen, Rue St. Antoine, vertraute Lokale und Gegenden und Örtlichkeiten, Rue du Petit Musc, Rue Charles V – im Saint-Louis Marais ist das letzte freie Zimmer vor 30 min vergeben worden, schade, aber das hat man dann eben vom „nichts-im-voraus-planen-wollen“ – heiter weiter – Rue Beautreillis, Rue de Birague Richtung Place des Vosges – das gleichnamige Hôtel hier hat freie Zimmer, ist sogar noch besser gelegen, zudem gleich neben dem Maison du Kilim – das Zimmer mit der rosa Tapete, dem hohen Fenster und den schweren Vorhängen bietet genügend existentiellen Pariser Schönheit-im-Verfall-Charme, um sich wohlfühlen zu können – kurz aus dem Fenster das Treiben draussen auf der Strasse betrachten, und dann schnell raus, durch die Rue de Rivoli schlendern – für einmal das Centre Pompidou links liegen lassen, trotz der verlockenden Dada-Ausstellung – plötzlich vor dem Louvre stehen, aber grössere Lust auf den nahen Palais Royal verspüren mit seinem schönen Garten – dann durch die Tuileries wandeln, hinüber zum Grand Palais, von wo schon von weitem...
(Bildquelle: www.faz.net)
... die riesige gläserne Kuppel (z.Z. in Renovation) und die Ankündigung der "Mélancolie" genannten...

...Ausstellung entgegenleuchten – Zwischenhalt in einer Patisserie fine pur beurre, frei übersetzt: pure Sünde, un chocolat viennois obendrauf, was will der Mensch denn eigentlich mehr, himmelherrgottnochmal –

...nach ausgiebiger, genüsslicher Pause irgendwo noch einen Pastis nachgeschoben, wenn schon sündigen, dann gleich richtig, auch wenn ich Pastis nicht unbedingt gerne mag, aber wir sind hier EN FRANCE, und das rechtfertigt einiges, man fühlt sich nach besagtem Pastis jedenfalls sofort und endgültig wie ein VraiParisien und nicht mehr wie ein PetitSuisse – weiter, keine Ahnung mehr woher und wohin, doch plötzlich ertappt man sich wieder beim Flanieren in bekannten Gegenden, im Marais nämlich, Rue St. Honoré, Rue du Temple, Rue de la Verrerie, Rue Ste Croix de la Bretonnerie – in der Geschichte herumspazieren, auch in der eigenen – in der Rue du Bourg-Tibourg die Mariage Frères nicht ohne einen pleine lune, einen lune rouge, einen ésprit de noël und ganz gewiss nicht ohne die mélange du thé avec le chocolat wieder verlassen – Rue des Rosiers, Rue des Francs Bourgeois, Rue de Turenne – Place des Vosges, immer wieder – natürlich die Bar à Huîtres am Boulevard Beaumarchais unter keinen Umständen ignorieren, und anschliessend, gleich gegenüber, ein Besuch bei Huiles Allicante, auch immer wieder – zu Fuss zum Père-Lachaise, zu Fuss wieder zurück, Pflichtbesuch, Ritual eben auch – die soeben neu eröffnete Cinémathèque, rue de Bercy, „le 51“, in der unmittelbaren Nähe der Gare de Lyon...
(Bildquelle: www.faz.net)
...die Galerie im 7. Stock, ein sehr schöner Raum, mit einer nicht unbedingt überzeugenden Gegenüberstellung von Renoir-Bildern mit Film-Ausschnitten seines Sohnes Jean, aber was solls – in der alten Eglise (der ältesten von Paris) Saint-Julien-le-Pauvre, einmal mehr: Hommage à la Diva Maria Callas...

"...elle fut l'étoile filante de l'opéra lyrique, la diva inoubliable qui a sublimé la Norma de Bellini: Maria Callas est encore dans toutes les mémoires. Pour lui rendre hommage, un concert est organisé en l'église Saint-Julien-le-Pauvre. Au programme: Aïda de Verdi; Norma de Bellini; Carmen de Bizet; Le Barbier de Séville de Rossini..." - Hôtel de Sully, im Jeu de Paume Site Sully: Pierre Verger, Ausstellung seiner...
(Bildquelle: www.pierreverger.org)
... Photographien – bei Millet Fromagers in der Rue St. Antoine, und beim Boucher juste à côté die Nase in 1000 Köstlichkeitn stecken – über den Pont de Sully zum Jardin des Plantes – zum Panthéon – zur Ecke Rue Vavin/Rue d’ Assas, in der Pension Ladagnous über den nächsten Paris-Aufenthalt phantasieren – die...

...betörende Herbstmelancholie im Jardin de Luxembourg – der Boulevard St. Germain, überhaupt St. Germain des Prés; innehalten, un thé, ein bisschen lesen, schreiben, schauen, un verre – Odéon – auf der Höhe
Cluny / la Sorbonne einen Affineur de Fromages entdecken und sich für nächstes Mal vormerken – über den Pont de Sully zurück ins Marais, durch die Rue Saint Paul, Besuch im Cygne Rose, wo wie immer etwas Verführerisches auf mich wartet – zum würdigen Abschluss ab in die Brasserie Bofinger bei der Bastille, des huîtres, une douzaine, s’il vous plaît – an der Ecke St. Antoine/Birague einen café trinken, den besten bislang, wohl weil italienisch, auf einer CIMBALI komponiert – encore des petits achats – un taxi pour la Gare de Lyon, für einmal nicht zu Fuss, zum ersten Mal nicht zu Fuss, weil die Zeit knapp wird – ach ja, geschlafen habe ich übrigens auch ein wenig zwischendurch, aber nächstes Mal muss ich länger bleiben als nur ein paar Tage - warum eigentlich, reicht doch... im Train Bleu der wie üblich überwältigende, endlose Versuch...


... einer Entwöhnung, die nicht so recht gelingen will, aber immerhin ein „je reviens“ schwören lässt – der TGV fährt pünktlich
ANDERstadt-Ansichten. Nr. 26. 
Samstag, Oktober 8, 2005, 00:16 - PARIS




Die Neuverfilmung... 
Montag, Oktober 3, 2005, 10:45 - KINO & FILM & TV
...von Joe Wright finde ich wirklich gut gelungen.

Und das will doch
wohl etwas heissen nach der steilen BBC-Vorgabe mit Colin Firth, Jennifer Ehle etc. aus dem Jahr 1995.
Keira Knightley spielt stellenweise grandios, Donald Sutherland hat das köstliche letzte Wort - nur der Kamera hätte ich etwas mehr Virtuosität bezüglich Farbe und Lichtführung wünschen mögen (ich denke dabei etwas wehmütig an den Magier Eduardo Serra [girl with a pearl earring] oder - warum nicht - "meinen" vor kurzem entdeckten Matthias Kälin)...
Pride and Prejudice, nach der Romanvorlage von Jane Austen.
Lang die Nacht... 
Montag, Oktober 3, 2005, 10:11 - BÜCHER
Ich mag dieses wunderbare Plakat!

Das Programm.
Vermächtnis. 
Montag, Oktober 3, 2005, 00:01 - VOLLMOND
Ick sitze hier und esse Klops.
Uff eenmal klopps.
Ick kieke, staune, wundre mir,
uff eenmal jeht se uff, de Tür.
Nanu, denk ick, ick denk, nanu!
Jetz is se uff, erst war se zu.
Ick jehe raus und kieke,
und wer steht draussen? Icke! (...)

Diese Zeilen eines unbekannten Berliner Dichters dienten F.K. Waechter als Inspiration.
Entstanden ist daraus:

Friedrich Karl Waechter: VOLLMOND.
Diogenes Verlag AG, Zürich. ISBN 3-257-06507-8
Félix Vallotton - Die Filme. 
Sonntag, Oktober 2, 2005, 23:13 - KINO & FILM & TV
Betörende Melancholie.
Berauschende Bilder.
Faszinierende Farben.
Vortrefflich untermalt mit Musik von Prokofiew, Fauré und Satie.
Der Kameramann (Matthias Kälin) hat absolut e-x-z-e-l-l-e-n-t-e Arbeit geleistet.
Den Mann hole ich mir, wenn ich meinen Film verwirkliche.
Félix Vallotton: Maler gegen die Zeit.

Als DVD erschienen in der Reihe NZZ Format.

„In 5 Tagen werde ich 56. Es geht also längstens schon bergab.“ (Originalzitat aus dem Film / aus der Biographie von Félix Vallotton).
Dialoge, die das Leben schrieb. 
Sonntag, Oktober 2, 2005, 22:51 - DIALOGE
SIE (zu ihrer besten Freundin): „Hach, ich hab' endlich wieder mal einen guten Typen kennengelernt."
BESTE FREUNDIN: "Und? Was ist denn so gut an ihm?"
SIE: "Er ist so... so ungewöhnlich… er kann z.B. kochen; KOCHEN, sag’ ich dir; die wunderbarsten Sachen…“
BESTE FREUNDIN: "Und was ist daran so ungewöhnlich?"
SIE: "Alle meine bisherigen Typen hatten von Kochen keine blasse Ahnung - ich war immer diejenige, die ran an die Töpfe musste."

Ein Jahr später.

SIE (zu ihrer besten Freundin): „…und weisst du, was ich am meisten an ihm hasse? Er kocht; dauernd kocht er - er treibt mich noch zum Wahnsinn mit seiner ewigen Kocherei! Keines meiner Kleider, die ich noch vor einem Jahr trug, passt mir mehr!"
Eben - das Krokodil. 
Sonntag, Oktober 2, 2005, 22:32 - INNENANSICHTEN
Etwa ein Jahr lang fehlte ihm ein Auge. Unauffindbar. Untröstlich.

Ich kam einfach nicht drauf, wo ich ein neues kriegen konnte.

Doch dann, wie vor kurzem berichtet, die Erleuchtung: Frau Lobsangs Knopfladen.

Nun ist wieder gut.
Reisen. 
Sonntag, Oktober 2, 2005, 22:18 - GEDACHTES
Das Reisen, irgendwohin, das Fremdsein, z.B. in einer grossen Stadt, auch wenn ich sie bereits einigermassen kenne, ist für mich die Voraussetzung für das „wahre“ Sehen, das Erleben überhaupt; ich brauche dazu weder den Eiffelturm noch den Montmartre, weder den Arc de Triomphe noch die Champs-Elysées. Ich als Fremder, Aussenstehender habe leuchtende, hungrige Augen, kann es kaum fassen, was ich da sehe, kann staunen, selbst über die banalsten Dinge, über Dinge, die es z.T. auch in Bern geben mag, die mich in Bern aber kaum zum Staunen bringen; ich tue unter Umständen genau das Gleiche wie in Bern, aber andernorts ist das Gleiche etwas völlig Anderes… Das macht für mich die Faszination des Reisens aus.
Der Einheimische: Für den ist alles mehr oder weniger normal, es ist nichts Besonderes mehr, das ist sein Alltag, er hat – wie soll ich sagen - satte, überfütterte, gelangweilte Augen.

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