Donnerstag, November 22, 2007, 21:51 - BÜCHER
Beitrag von sb_admin
Sooft ich nach Pornic (Bretagne) fahre, beschleicht mich – bei der Abfahrt oder beim Umsteigen unterwegs – die Versuchung, den falschen Zug zu nehmen, in einen anderen zu steigen, bis zur Endstation zu fahren, dort, an einem unbekannten Ort, auszusteigen und eine Weile zu leben – und mein übliches Leben völlig zu vergessen, bis meine Neugier oder mein Spass daran aufgebraucht sind. Die Lust am Umherschweifen überkommt mich spät, und ich brauche alle meine Vernunft, muss mir all meine Verpflichtungen vor Augen führen, wenn ich ihr widerstehen soll. (…)Beitrag von sb_admin
Paul Léautaud: Literarisches Tagebuch 1893 – 1956

... verbesserte sich unser Einkommen allmählich, sodass es schliesslich mehr als ausreichend war. Aber wir haben unseren Lebensstandard und unser Konsumverhalten nie nach unserer Kaufkraft ausgerichtet. In dieser Hinsicht herrschte zwischen uns stillschweigendes Einvernehmen. Wir hatten dieselben Werte, ich meine dieselbe Auffassung dessen, was Leben Sinn verleiht oder ihm den Sinn zu rauben droht. Soweit ich zurückdenken kann, habe ich immer die sogenannte "opulente" Lebensweise und die Verschwendung verabscheut. Du lehntest es ab, der Mode zu folgen, und beurteiltest sie nach Deinen eigenen Kriterien. Du weigertest Dich, Dir von der Werbung und dem Marketing Bedürfnisse einreden zu lassen, die Du nicht hattest. In den Ferien wohnten wir in Spanien bei Einheimischen, oder in Italien in Herbergen oder bescheidenen Pensionen. (...)
