Funny things about Europe. 
Samstag, März 12, 2005, 08:26 - DIALOGE
JULES: Okay - so, tell me about the hash bars.
VINCENT: Ok - what do you want to know?
JULES: Well, hash is legal over there, right?
VINCENT: Yeah, it's legal but it ain't hundred percent legal, I mean, you just can't walk into a restaurant, roll a joint and start puffin' away. They want you to smoke in your home or certain designated places.
JULES: And those are the hash bars?
VINCENT: Yeah, it breaks down like this, ok, it's legal to buy it, it's legal to own it, and if you're the proprietor of a hash bar, it's legal to sell it. It's legal to carry it, but ... but that doesn't matter, 'cause, get a load of this; all right, if you get stopped by a cop in Amsterdam, it's illegal for them to search you. I mean, that's a right the cops in Amsterdam don't have.
JULES: Oh, man, I'm going, that's all there is to it. I'm fuckin' goin'.
VINCENT: I know, baby, you'd dig it the most... But you know what the funniest thing about Europe is?
JULES: What?
VINCENT: It's the little differences. A lotta the same shit we got here, they got there, but there they're a little different.
JULES: Example?
VINCENT: Alright, when you ... into a movie theatre in Amsterdam, you can buy beer. And I don't mean in a paper cup either. They give you a GLASS of beer! And in Paris you can buy beer at MacDonald's. And you know what they call a Quarter Pounder with Cheese in Paris?
JULES: They don't call it a Quarter Pounder with Cheese?
VINCENT: No, they got the metric system there, they wouldn't know what the fuck a Quarter Pounder is.
JULES: What'd they call it?
VINCENT: They call it ROYALE with Cheese.
JULES: ROYALE with Cheese! What'd they call a Big Mac?
VINCENT: Big Mac's a Big Mac, but they call it LE BIG MAC.
JULES: LE BIG MAC! Ahhaha... What do they call a Whopper?
VINCENT: I dunno, I didn't go into a Burger King. But you know what they put on french fries in Holland instead of ketchup?
JULES: What?
VINCENT: Mayonnaise.
JULES: Goddamn!
VINCENT: I seen 'em do it man, they fuckin' drown 'em in it.
JULES: Uuccch!

Samuel L. Jackson as Jules & John Travolta as Vincent
in "Pulp Fiction" (Quentin Tarantino).
Reality bites - voll das Leben. 
Samstag, März 5, 2005, 14:47 - DIALOGE
DIE ZEIT: Sie betrachten den Medienbetrieb nicht gerade mit einer rosa Brille.
Harald Schmidt: Ach, nehmen Sie doch nur mal die meisten der kinderlosen Frauen ab 35 in meiner Branche, dieses sexuelle Medienproletariat. Die haben mit Glück einen One-Night-Stand mit einem Beleuchter, sozusagen Last Minute in Sachen Kinderwunsch. Da rücken jetzt die 25-Jährigen nach, und es wird ganz bitter. Das ist die Wahrheit - und die wird gerade von Frauen, die früher Kinder bekommen haben, unverblümt ausgesprochen.
DIE ZEIT: Die kinderlosen Akademiker - sehr drastisch beschrieben.
Harald Schmidt: Diese Generation ist einfach zu anspruchsvoll. Die lesen alle diese Glamour- und People-Zeitschriften und glauben auch noch, was da steht. Wo ist der Super-Fick, wo ist der Super-Job, wer sieht aus wie Brad Pitt? Ich, könnte ich denen sagen, aber ich bin nicht mehr auf dem Markt! Ich kann da nur den Hut ziehen vor der Generation unserer und ihrer Eltern: Die haben sich durchgebissen.
DIE ZEIT: Und wie ist Vater Schmidt zu seinen Kindern?
Harald Schmidt: Och, das hatte ich mir komplizierter vorgestellt. Ich beantworte einfach die Fragen, die sie mir stellen. Also hier in Köln müssen sie einem Dreijährigen erklären, was schwul ist. Da laufen zwei Männer in Leder und Mützen Hand in Hand auf einer Brücke an uns vorbei und halten sich an der Hand. Dann kommt natürlich die Frage dazu, und die beantwortet man dann.

Ausschnitt aus einem Gespräch mit Harald Schmidt; DIE ZEIT Nr. 9/24.02.2005. Daselbst, auf zwei Photos: Harald Schmidt als Christo-Skulptur.
Erbauliche Lektüre am Sonntagmorgen. 
Sonntag, Januar 16, 2005, 13:02 - DIALOGE
In der modernen bildenden Kunst ist die Kritik geteilter Meinung über Aufrichtigkeit und Täuschung, Einfachheit oder Komplexität in der abstrakten Malerei. Was ist Ihre Meinung?
Ich sehe keinen wesentlichen Unterschied zwischen abstrakter und primitiver Kunst. Beide sind einfach und aufrichtig. Natürlich sollte man in diesen Dingen nicht verallgemeinern: Was zählt, ist der individuelle Künstler. Wenn wir für einen Moment den Begriff "moderne Kunst" akzeptieren, dann müssen wir zugeben, dass ihre Schwäche in der Abgedroschenheit, ihr imitativer Charakter, ihr Akademismus ist. Es haben nur Flecken und Kleckse die Gefälligkeit von vor hundert Jahren abgelöst, die Bilder von italienischen Mädchen, gutaussehenden Bettlern, romantischen Ruinen und so fort. Aber genau wie sich unter jenen kitschigen Ölgemälden das Werk eines wahren Künstlers mit einem reicheren Spiel von Licht und Schatten finden konnte, mit einer originellen Strähne von Wildheit oder Zartheit, so kann einem auch unter dem Kitsch der primitiven und abstrakten Kunst das Aufblitzen einer grossen Begabung begegnen. Nur die Begabung interessiert mich an Gemälden und Büchern. Keine allgemeinen Ideen, sondern der individuelle Beitrag.
Ein Beitrag zur Gesellschaft?
Für die Gesellschaft hat ein Kunstwerk keinerlei Bedeutung. Wichtig ist es allein für das Individuum, und nur der individuelle Leser ist für mich wichtig. Die Gruppe, die Gemeinschaft, die Massen und so weiter - das ist mir schnurzegal. Obwohl ich für das Schlagwort "l' art pour l' art" nichts übrig habe - weil seine Vertreter wie Oscar Wilde und verschiedene zierliche Poeten in Wahrheit derbe Moralisten und Pädagogen waren -, kann kein Zweifel bestehen, dass nicht seine gesellschaftliche Bedeutung ein Werk der Fiktion vor Larven und Rost schützt, sondern seine Kunst, ganz allein seine Kunst.
Was möchten Sie leisten oder zurücklassen - oder sollte sich ein Schriftsteller keine Sorgen darum machen?
Nun, was die Leistung angeht, habe ich natürlich keinen Fünfunddreissigjahresplan und kein Programm, aber von meinem literarischen Nachleben habe ich gewisse Ahnungen. Ich habe gewisse Hinweise verspürt, habe die Brise gewisser Versprechungen gefühlt. Zweifellos wird es Aufs und Abs, wird es lange Perioden der Baisse geben. Mit stillschweigender Duldung des Teufels schlage ich eine Zeitung des Jahres 2063 auf, und in irgendeinem Artikel im Literaturteil lese ich: "Keiner liest heutzutage Nabokov oder Fulmerford." Schreckliche Frage: Wer ist dieser unselige Fulmerford?
Im Augenblick scheinen Sie damit ganz gut zurechtzukommen, wenn ich so sagen darf.
Es ist eine Illusion.
Ihre Antwort könnte als Bestätigung dafür genommen werden, dass Sie ein "unverbesserlicher Possenreisser", "ein Mystifikator" und "ein literarischer agent provocateur" sind. Wie sehen Sie sich selber?
Ich glaube, am liebsten an mir selber ist mir die Tatsache, dass mir Geifer und Galle eines Kritikers niemals etwas ausgemacht haben, dass ich nie im Leben einen Rezensenten um eine Rezension gebeten oder mich dafür bedankt habe. Meine zweite Lieblingstatsache - oder soll ich es bei der einen belassen?
Nein, bitte fahren Sie fort.
Es ist die Tatsache, dass meine politische Überzeugung seit meiner Jugend - ich war neunzehn, als ich Russland verliess - so kahl und unverändert geblieben ist wie ein alter grauer Fels. Sie ist klassisch bis zur Trivialität. Redefreiheit, Gedankenfreiheit, Kunstfreiheit. Die soziale und ökonomische Struktur des Idealstaates kümmert mich wenig. Meine Wünsche sind bescheiden. Die Portraits der Regierungschefs sollten Briefmarkengrösse nicht überschreiten. Keine Folter und keine Hinrichtungen. Keine Musik, ausser per Kopfhörer oder in Auditorien.
Warum keine Musik?
Ich habe kein Gehör für Musik, ein Handicap, das ich tief bedaure. Wenn ich ein Konzert besuche - was etwa alle fünf Jahre vorkommt - bemühe ich mich mutig, die Sequenz und die Beziehung der Töne zu verfolgen, aber länger als ein paar Minuten halte ich es nicht durch. Visuelle Eindrücke, Spiegelungen von Händen in lackiertem Holz, ein fleissiger kahler Fleck über einer Fiedel - dergleichen drängt sich in den Vordergrund, und bald langweilen mich die Bewegungen der Musiker masslos. Meine Musikkenntnisse sind sehr gering; und ich habe einen besonderen Grund, mein Unwissen und meine Unfähigkeit so traurig, so ungerecht zu finden: In meiner Familie gibt es einen wunderbaren Sänger - meinen Sohn. Seine grosse Begabung, die seltene Schönheit seiner Bassstimme und das Versprechen einer grossen Karriere - alles das berührt mich tief, und bei einem technischen Gespräch unter Musikern komme ich mir vor wie ein Narr. Der vielen Parallelen zwischen den Kunstformen der Musik und der Literatur bin ich mir völlig bewusst, vor allem in Sachen der Struktur, aber was kann ich machen, wenn mein Ohr seine Mitarbeit verweigert? Einen sonderbaren Ersatz für die Musik habe ich im Schach gefunden - genauer in der Komposition von Schachaufgaben.
(...) Eine letzte Frage: Glauben Sie an Gott?
Um ganz offen zu sein - und jetzt sage ich etwas, was ich noch nie gesagt habe, und hoffe, dass es ein heilsames Frösteln hervorruft -, ich weiss mehr, als ich in Worten ausdrücken kann, und das wenige, was ich ausdrücken kann, wäre nicht ausgedrückt worden, hätte ich nicht mehr gewusst.

Der hier in einem Ausschnitt wiedergegebene Wortwechsel erschien im Januar 1964 im PLAYBOY. Und der gesamte Wortwechsel wiederum - zusammen mit vielen weiteren herrlichen Interviews, Leserbriefen und Aufsätzen - ist zu finden in:
Vladimir Nabokov: DEUTLICHE WORTE. Gesammelte Werke, Band XX; herausgegeben von Dieter E. Zimmer; Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg.
Die Talentprobe. 
Freitag, Januar 7, 2005, 18:18 - DIALOGE
Frau Benzinger: Also, Sie wollen Schauspieler werden. Treten Sie näher zu mir heran. Genieren Sie sich nicht. Fallen Sie nicht um vor Schreck, wenn ich Sie nun etwas näher ins Auge fasse. Wenn mein Atem Sie streift, ist das noch keine Ursache, rot über den ganzen Kopf zu werden. Haben Sie noch nie mit einiger Gelassenheit das Bein einer Frau gesehen? Die Spitzen meines Unterrocks, die Sie sehen, sind nur das gelinde und gewöhnliche Vorspiel dessen, was einem Bühnenkünstler täglich und stündlich begegnet, und worüber er hinwegsehen muss. Wir Künstler sind ein freies, zwangloses und, wie wir uns gern einbilden, ehrliches Volk. Sie dagegen sind ein Jüngling aus dem dicksten, gefüttertsten bürgerlichen Milieu, und Sie wollen zur Bühne? Na, tragen Sie mal etwas vor.
Der junge, schüchterne Mann hat etwas vorgetragen.
Frau Benzinger: Das ist nichts. Danken Sie Gott, dass Sie einem Menschen in die Hände gefallen sind, der es so gut mit Ihnen meint, dass er offen zu Ihnen spricht. Unwahrheiten sind in solchen Fällen Morde. Sie sind schüchtern. Sie sind erschrocken, wie Sie sahen, dass ich das eine meiner natürlichen Beine über das andere gelegt habe; aber Sie dürften meinetwegen noch hundertmal schüchterner und schreckfüssiger sein, das hätte nichts zu sagen, denn das liegt nur in Ihrer grossen Jugend und tiefen Unerfahrenheit. Aber Sie besitzen auch nicht die leiseste Spur eines schauspielerischen Talents. Alles ist verborgen, verhüllt, vertieft, trocken, holzig an Ihnen. Sie mögen der glühendste Mensch innerlich sein, zerwühlt meinetwegen von herzlichen Leidenschaften, doch es kommt nichts an Ihnen zur Erscheinung, nichts zum Ausdruck. Sie sprechen eine ganz ordentliche Sprache, dass man fühlen muss, wie richtig Sie urteilen, wie anständig Sie über Sachen nachdenken, das aber, mein Knabe, ist das Aller-Allerwenigste von dem, was an Erfordernissen für einen angehenden Künstler in Betracht kommt. Ich bin eine ältere Frau und erprobte Schauspielerin und muss deshalb wohl wissen, was sich Ihnen gegenüber für eine Sprache ziemt. Mein Knabe, schütten Sie den allzu feurigen Wein Ihrer Träume von Bühnenlaufbahn und dergleichen rasch aus der Schale Ihres jungen Kopfes und fahren Sie fort, den Beruf, den Sie erlernt haben, auszuüben. Was würden Ihre Eltern sagen, wenn ich Sie unglücklich machen wollte? Das Geld, das Sie mir für Ihre Stunden ausbezahlten, würde in meinen Händen widerwärtig brennen, und ich würde das Gesicht Ihrer Frau Mutter sehen, dessen kummervoller Ausdruck mich für den Frevel, Ihnen die Wahrheit vorenthalten zu haben, grässlich strafen müsste. Nein, ich tue das nicht. Aber bleiben Sie noch einen Augenblick. Nehmen Sie hier dicht neben mir Platz. Sie sind zu gut und zu schlecht für den Schauspielerberuf, Sie würden immer nur schauspielern, nicht spielen; Unmensch, Bär, Windbeutel, ungeziemende lächerliche Fratze, nicht Mensch auf der Bühne sein. Die heilige, inbrunstvolle Flamme fehlt Ihnen, das Auge, das Lippenpaar, die drohende, bewegliche Wange. Bewegung fehlt Ihnen. Manier, sehen Sie, das haben Sie, aber das bedeutet nichts, das ist menschlich. Sie haben nichts Künstlerisches. Ich bin davon überzeugt (geben Sie mir die Hand), dass Sie innere Gaben besitzen, die Sie, wenn Sie heranreifen, zum guten, brauchbaren Mann stempeln werden. Ich glaube, dass Sie ein schöner Mensch werden; auf der Bühne, im goldenen Licht der Rampe, wären Sie hässlich, glauben Sie es mir. Sie müssen mir das glauben, kindlich, denn verstehen können Sie es noch nicht, weil Sie zu jung und zu unberührt von schrecklichen Erfahrungen sind. Drücken Sie einen Kuss auf meine Hand.
Der junge Mensch küsst der Schauspielerin beide Hände.
Frau Benzinger: Sie kommen viel ins Theater, nicht wahr. Ja, das ist so gefährlich für junge Köpfe. Ins Theater sollten nur reife Menschen kommen, das hätte das Gute, dass es auch einen veredelnden, verschärfenden Schein und Einfluss auf die Bühne und deren Kunstleistungen würfe. Ich bin so froh, lieber junger Mann, Sie haben warnen und abschrecken zu dürfen. Ein anderer würde Sie aufgenommen haben, würde vielleicht noch seinen Spass daran gehabt haben, Ihnen Gift in Ihr ganzes, Ihnen selber noch unbekanntes Leben zu streuen. Gehen Sie jetzt. Leben Sie wohl. Nein, nein, besuchen Sie mich nie mehr. Lassen Sie die ganze Theaterei stramm beiseite, baden Sie Ihre Empfindungen in natürlicheren Quellen, werfen Sie sich in gute, männliche Pflichten, und wenn Sie dreissig Jahre alt geworden sind, können Sie zu mir kommen und mir erzählen, was Sie errungen, erlitten und erlebt haben. Ich freue mich darauf, Sie so lange aus dem Gesicht zu verlieren; das verspricht mir die Freude, Sie als festen Menschen wiederzusehen. Hier. Behalten Sie das. Es ist mein Bild. Vergessen Sie nie, was ich Ihnen gesagt habe.

Robert Walser.
Aus: Jochen Greven, "Karl und Robert Walser in Stuttgart." Spuren 34, Oktober 1996; copyright Deutsche Schillergesellschaft Marbach am Neckar.
Eine Veröffentlichung der Arbeitsstelle für literarische Museen, Archive und Gedenkstätten in Baden-Württemberg.
Augen wie Sterne. 
Freitag, Dezember 17, 2004, 19:35 - DIALOGE
JORGOS: Augen wie Sterne.
MARIE: Augen wie Sterne. Schön ist das.
JORGOS: (greift ihr an den Busen) Das schön.
MARIE: Andere auch schön?
JORGOS: Nix verstehn.
MARIE: In Griechenland Fräulein schön?
JORGOS: Griechenland viel schön. Viel Sonne und Meer. Du komm Griechenland.
MARIE: Ehrlich, nimmst mich mit?
JORGOS: Viel Liebe.
MARIE: Ich hab dich auch lieb. Ich spürs. Ganz weh tuts.
(Dialog aus KATZELMACHER, 1969)

Bilder einer schönen, von einem Geheimnis umflorten Frau. Hier auf einem Porträt von Michael Friedel aus dem Jahr 1970, als Schygulla noch die deutsche "Vorstadt-Marilyn" war (SZ vom 03.12.04).

Umschlagbilder des wunderbaren Buches:

DU - AUGEN WIE STERNE. Lothar Schirmer, Hrsg. Schirmer-Mosel, München, 2004.
216 Seiten, 212 Abb.
Mit Texten von Ponkie, Fatih Akin (der einen Film mit Hanna Schygulla in Arbeit hat), Elfriede Jelinek, Peter Handke, Ursula Petzold, Volker Schlöndorff, Georg Tabori, Margarethe von Trotta, RWF, Hanna herself, u.v.a.
Zwiegespräch. 
Samstag, November 13, 2004, 13:43 - DIALOGE
A.MORE.S: Liebste Maria - hörst du mich?
MARIA: Natürlich, mein Liebster - ich höre dich, ich sehe dich - habe auch gesehen, wie du kürzlich in Paris warst und in meiner Wohnung, an meinem Grab ein bisschen zum Rechten geschaut hast... was möchtest du mir denn diesmal mitteilen?
A.MORE.S: Tja, weisst du, nächste Woche versteigert SOTHEBYS in Genf deine Juwelen, d.h. einen kleineren Teil davon...

MARIA: Ich weiss - ich selber bin hin- und hergerissen. Einesteils stammt ja das meiste von Giovanni, und darum könnte es mir eigentlich egal sein; andererseits: Es sind ja auch ganz wunderschöne Sachen dabei, die ich sehr liebgewonnen habe...
A.MORE.S: Eben - deshalb wollt' ich dich fragen, ob ich hingehen und alle 11 Lose einfach aufkaufen soll. Ich mag den Gedanken nicht, dass der Schicki-Micki-Pöbel deinen geliebten Schmuck ersteht, um dann damit rumzuprotzen, so à la "ja, nicht wahr? Ein schöner Diamantring. 11,7 Karat! Haben wir in Genf erworben - Los 382. War auf 160'000 - 240'000 geschätzt worden, und wir haben für immer noch bescheidene 750'000 den Zuschlag erhalten. Gehörte einmal Maria Callas! Ist daher noch vielviel mehr wert. Damit schlagen wir später mal locker zwei, drei Millionen heraus!" Ach, diese Vorstellung macht mich krank.
MARIA: Du überzeugst, wie immer - am besten bietest du telephonisch; ich weiss, wie sehr du das Aufsehen hasst, und das wird ja für einiges Aufsehen sorgen... Aber du musst nachdrücklich verlangen, dass dein Name nicht öffentlich bekannt gemacht wird. Bezahle jeden Preis - du Ärmster, hast ja selber nichts! Aber mein Konto steht dir wie immer in vollem Umfang zur Verfügung. Da ist mehr drauf als zu meinen Lebzeiten - verrückt! Jedes Jahr kommen allein durch Platten- und DVD-Verkäufe mehrere Millionen dazu...
A.MORE.S: Danke - ich habe mir gedacht, dass du so entscheiden wirst! Ich werd' die Sachen dann gelegentlich zurück in deine Pariser Wohnung legen, nicht wahr?
MARIA: Ich weiss, dass du dich nicht daran bereichern wirst. Mein Namenlosester, mein Bescheidenster, aber mein Treuster, mit dem allergrössten Herzen, das die Erde je gesehen hat - und daher mein Allerliebster! Hab' ewigen Dank.
A.MORE.S: Ich mach' alles für dich, auch wenn du nicht mehr lebst - würde auch alles tun, wenn du noch lebtest - weinen würden wir wahrscheinlich trotzdem oft, weil der Abschied dann noch vor uns läge...
MARIA: Ich versichere dir: Mir würde es, im umgekehrten Falle, genau gleich ergehen!

Maria, a.more.s, Marilyn: Aus glücklicheren Tagen.
Fifi.  
Freitag, September 3, 2004, 00:43 - DIALOGE
-Liebst du mich?
-Sie druckste.
-Ich habe etwas gefragt..., beharrte er.
-Ich hab's gehört.
-Und?

Sie wollte nicht antworten. Nach einer Weile brachte Fred das Gespräch erneut auf das Thema.

-Würdest du sagen, dass du mich liebst?
-Was muss ich jetzt sagen?
-Du sollst etwas dazu sagen. Wozu sind wir zusammen, wenn du zu dem Kern der Angelegenheit nicht beiträgst...
-Aber sagen?
-Liebst du mich oder nicht?
-Dass ich dich NICHT liebe, würde ich ja nicht zugeben, so wie wir hier zusammen sind...
-Das ist keine Antwort. Ja oder nein?
-Eine klare Antwort?

Sie wollte Zeit gewinnen, schälte ihm einen Apfel und reichte ihm Stück für Stück. Die Frage lag ihr nicht.

-Liebst du mich? Sag?

Sie hätte ihn gern ironisch abgefertigt und überhörte die Frage, die durch Wiederholung zweifellos nicht gewann. Da er aber ernsthaft blieb, nach einer Antwort dringlich verlangte, äusserte sie sich so:

-Ich kann sagen, dass ich es lieber habe, wenn du da bist, als wenn du weg bist.
-Wo weg?
-Aus meiner Umgebung weg.
-Wie ein Hund?
-Von dem würde ich das so nicht sagen.
-Aber irgendwie anders? "Ich habe Fifi lieber da, als dass er weg wäre?"
-So ähnlich.

Fred war innerlich verletzt. Sie aber konnte sich nicht anders äussern. Auf eine Unwahrheit mehr oder weniger wäre es ihr in diesem Leben nicht angekommen. Aber das Wort ICH LIEBE DICH hat eine magische Qualität. Man kann es im Leben, dachte sie, nur EINMAL sagen, und bei dieser Gelegenheit würde ich - da ich ja gar nicht "man" bin, - fügte sie hinzu - sicherlich aus Aberglauben gar nichts sagen, schon um das bisschen Liebe, das es gibt, nicht zu verscheuchen.

(aus: Alexander Kluge, "Chronik der Gefühle, Band 1, S. 391. Suhrkamp)

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