Kleine Perlen. 
Sonntag, April 30, 2006, 19:23 - PRESSE
Von Marc Zitzmann erscheinen in der NZZ in regelmässig-unregelmässigen Abständen hübsche kleine Kolumnen unter dem Titel „Paris, gestern und heute“ – sehr anregend, sehr kenntnisreich. Zehn sind bis heute erschienen – eine, die vorläufig letzte, sei hier als Beispiel wiedergegeben:

Tod auf Kredit
Gelüftete Gasglocke: die Passage Choiseul.
Es gibt luxuriösere Passagen in Paris: die Galerie Vivienne. Es gibt exotischere: die Passage Brady. Verspieltere: die Passage des Princes. Elegantere: die Galerie Véro-Dodat. Geschäftigere: die Passage du Caire, verzweigtere: die Passage des Panoramas, herausgeputztere: die Passage du Grand-Cerf, kunstsinnigere: die Galerie Colbert, von der Welt vergessenere: die Passage Puteaux... Aber die Passage Choiseul unweit vom Palais- Royal ist etwas Besonderes. Der 206. Eintrag von "Je me souviens", Georges Perecs Liste von Erinnerungsfetzen, lautet: „Ich erinnere mich an ‹Liebe, das ist die Unendlichkeit in Reichweite der Pudel›. Ich erinnere mich auch an die Passage Choiseul.“ Für Nichteingeweihte: das Pudel-Bonmot ist ein Zitat. Und sein genialer Autor lebte als kleiner Bub ab 1899 insgesamt elf Jahre in der Passage Choiseul: Louis Destouches alias Céline.
Seine Kindheit und Jugend hat Céline mit grimmiger Fabulierlust in «Mort à crédit» transponiert. Die Beschreibung der Passage ist ein mit virtuoser Hand gemixter Gifttrunk aus galligem Humor, voyeuristischer Beobachtungsgabe und hyperbolischem Pessimismus. In «Passage des Bérésinas» umbenannt - eine Anspielung auf das desaströse Ende von Napoleons Russlandfeldzug -, wird die Passage als eine gesundheitsschädigende G(l)asglocke schwarzgemalt. «Man muss zugeben, die Passage, das ist unglaublich als Fäuligkeit. So gemacht, dass man krepiert, langsam, aber todsicher, zwischen dem Urin der kleinen Kläffer, den Kotballen, den Auswürfen, dem ausströmenden Gas. Scheusslicher als ein Gefängnis von innen. Unter dem Glasdach, ganz unten, kommt die Sonne so mickrig an, dass man sie mit einer Kerze überstrahlt.»
Heute hat die 1825 eröffnete, 190 Meter lange und 3,9 Meter breite Passage nichts Erstickendes mehr. Die hellen, gesprenkelten Fliesen sind sauber, allenfalls kitzelt ein Duft von Süsssaurem à la chinoise die Nase. Zur Rue des Petits-Champs hin zwitschern Fashion-Girls im Ableger einer französischen „Espresso-Bar“-Kette. Sonst jedoch ist die Globalisierung draussen geblieben, vor den schmiedeeisernen Gittern, die zwischen neun Uhr abends und sieben Uhr morgens Passanten den Zutritt verwehren. Denn die von altmodisch- adretten Boutiquen gesäumte Passage wird noch immer bewohnt. Vor Jahren konnte man einmal ein typisches dreistöckiges Appartement besichtigen: Entresol, Etage und Mansarde, durch eine schmale Treppe verbunden. Ein apartes Wohnerlebnis: Bei offenem Fenster hört man jedes Wort, das die Passanten unten sprechen - und umgekehrt ertönt in der Passage zu Essenszeiten von oben geisterhaftes Geschirrklappern.
Die Wohnungen Hausnummer 67 und später 64, wo Céline mit seinen Eltern und seiner Grossmutter lebte, beherbergen heute die Logen des Privattheaters Bouffes-Parisiens (des „Grenier-Mondain“ des Romans) beziehungsweise eine Kleiderboutique. Kugeln aus Milchglas haben die Gaslaternen ersetzt. Doch „die enormste Gasglocke in der ganzen Lichterstadt“ mag gelüftet worden sein, steril ist ihre Atmosphäre noch lange nicht.

Marc Zitzmann: Paris, gestern und heute (10), erschienen in der
Neuen Zürcher Zeitung Nr. 96/26.April 2006.
"Es wird eine Menge Lärm gemacht... 
Sonntag, April 30, 2006, 12:06 - PRESSE
... aber in der Mitte des Lärms steht ein kleiner Chihuahua und bellt in ein Megafon."

Salman Rushdie im eben erwähnten Weltwoche-Interview.
Lesen!
Haben Sie Angst vor dem Alter? 
Sonntag, April 30, 2006, 11:42 - PRESSE
Nein, ausser wenn es mit physischem oder geistigem Verfall verbunden ist. Ich werde nächstes Jahr sechzig. Ich fühle mich nicht so alt, aber es erschreckt mich, wie schnell die Jahre vergehen. Der Vorteil des Alters ist, dass man nichts Überflüssiges mehr tut. Ich will die Zeit nützen, die mir noch bleibt. Am wichtigsten sind mir die Arbeit und die Familie. Ich habe zwei Söhne aus früheren Ehen, ich habe eine reizende Frau, und ich will Bücher schreiben. Ich werde, bevor ich nur noch sabbernd in einem Stuhl sitzen kann, meine Zeit nicht mit Dingen vergeuden, die ich nicht wirklich möchte. Bestimmt werde ich keine so langen Interviews mehr wie das mit Ihnen führen.

Das ist der Schluss von André Müllers grossem Interview mit Salman Rushdie unter dem Titel
"Vielleicht sind Sie weiser als ich" in der aktuellen WELTWOCHE Nr. 17 vom 27. April 2006.
ANDERstadt-Ansichten. Nr. 30. 
Sonntag, April 30, 2006, 11:35 - ROM



Via dei Giubbonari, in unmittelbarer Nähe des Largo dei Librari.
Würde alles tun für dich wenn... 
Sonntag, April 30, 2006, 10:14 - BÜCHER
...du nur lebtest!
als erstes würden wir zur Albertina,
ins Museumscafé dann zum FELDHASEN, 1 Blick
in dein Auge würde mir sagen ob du müde
bist oder ob es noch weitergeht. Weinen
würden wir trotzdem oft, weil
der Abschied noch vor uns läge -

Friederike Mayröcker: Gesammelte Gedichte 1939 - 2003.
Suhrkamp, 2004, 854 S. ISBN 3-518-41631-6

"Hinreißend, beglückend und zum Niederknien" - Thomas Poiss (FAZ).
Immerhin: Da gibts Antworten. 
Samstag, April 29, 2006, 22:42 - MUSIK
Jede Menge!
40. JazzPop-Festival Montreux.
Noch mehr Fragen ohne Antworten. 
Samstag, April 29, 2006, 22:10 - GEDACHTES
Wieso beschleicht mich immer ein äusserst eigenartiges Gefühl, wenn ich (z.B.) in einem italienischen Restaurant einen Blick in die Küche werfe, dort (z.B.) tamilische Köche an der Arbeit sehe - und gleich darauf ebendieses Restaurant schleunigst verlasse, um ein anderes zu suchen, in welchem garantiert nur Italiener am Herd stehen?
Wieso ist ein indisches Restaurant für mich nur glaubwürdig, wenn Inder den Tandoori-Ofen befeuern?
Und wieso dulde ich in einem griechischen Restaurant keine Italiener oder Franzosen, die Melintzánes Papoutsákia zubereiten?
Und schliesslich: Wieso habe ich absolut nichts dagegen, wenn ich zuhause selber Nigiri- und Maki-Sushi herstelle oder mit Begeisterung eine französische Fischsuppe koche? Und das nicht mal schlecht?
Fragen ohne Antworten. 
Samstag, April 29, 2006, 20:51 - GEDACHTES
Vor wenigen Jahren kostete bei den Städtischen Verkehrsbetrieben Bern SVB (nur so zum Beispiel!) eine Mehrfahrtenkarte für Jugendliche und Kinder Fr. 7.50; sie war unbeschränkt gültig.
Inzwischen kostet die gleiche Mehrfahrtenkarte bei BERN MOBIL, wie sich die SVB inzwischen nennen (neuer Name bringt neuen Schwung, neuer Name gleich Fortschritt), Fr. 19.- und hat eine zeitlich beschränkte Gültigkeitsdauer.
Eine weitere Tariferhöhung wurde eben in der lokalen Presse angekündigt.
Auf meine Frage nach den Gründen habe ich bisher noch keine einleuchtenden Antworten von der ÖV-Fraktion erhalten. Besseres Angebot, Tarifverbund, undundund, versucht man mir zu erklären, während ich gleichzeitig mit einigem Erstaunen feststelle: Die einzigen, denen diese Antworten absolut einleuchten, sind diejenigen, die diese Antworten geben.
Holz und graugrüne Jade. 
Samstag, April 29, 2006, 20:01 - HANDWERK&KUNST
Teedose, China, um 1900.
Wunderschön! Für meine finanziellen Verhältnisse leider, leider etwas zu teuer... doch es hat was für mich, falls mich nicht jemand dauernd überbietet (was leider fast immer geschieht, wenn ich etwas Bestimmtes im Auge habe).
Das Auktionshaus Stuker in Bern lädt wieder ein zu seinen grossen Frühjahrs-Auktionen.
Das Bild von der schwimmenden Kuh Simone... 
Samstag, April 29, 2006, 18:08 - SCHATZKÄSTCHEN
... wäre ein wunderbares Bild geworden - die Kuh, die sich die Freiheit nimmt, einfach so in einen See einzusteigen und in diesem ungewohnten Element auf und davon zu schwimmen...
Wahrscheinlich muss man sich das in etwa so wie bei Köhlers köstlichem Schwein vorstellen...

Michael Sowa: "Köhlers Schwein."

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