DIE WOCHE FÄNGT JA GUT AN... 
Montag, Juli 26, 2004, 20:00 - SONSTIGES
...sagte Matthias Kneissl,
bayerischer Wilddieb und Räuber,
als er 1902
an einem Montag
hingerichtet wurde.
Hmmm - wenn schon ausgerechnet mein höchst verehrtester Vladimir  
Sonntag, Juli 25, 2004, 13:19 - BÜCHER
Nabokov über Cechov sagt: "Es wären seine Werke, die ich auf eine Reise zu einem anderen Planeten mitnehmen würde" - dann muss ich mich wohl mal auch ein bisschen um Cechov kümmern. Denn Nabokovs Selbstherrlichkeit kennt keine Grenzen und geht oft in baren Grössenwahn über. Nichts und niemand habe ihn je beeinflusst, kein Buch und kein Autor, ob tot oder lebendig, genausowenig wie er jemals irgend einem Verein oder einer Bewegung angehört habe. Hemingway: Hoffnungslos pubertär; J. Conrad: geleckte Klischees, Andenkenladenstil, nicht zum Aushalten; Joyce: in keiner Beziehung auch nur im mindesten beeinflusst; Brecht, Camus, Faulkner: hinterwäldlerische Heimatchroniken; Ezra Pound: ein Obererzschwindler; Beckett: kümmerlich; Thomas Mann: Eseleien; Stendhal: der Liebling jener, die ihr Französisch gern einfach haben; Tolstoij: schmackhaftes Lesefutter für jenes amöbenhaft amorphe Wesen namens 'breites Publikum'; Dostojewskij: melodramatisches Kuddelmuddel, verlogener Mystizismus, schwafelnder Journalist, schludriger Komödiant; Pasternak: jämmerlich, unbeholfen, trivial; Freud: satanischer Humbug... aber Cechov - CECHOV!!! Würde er auf eine Reise zu einem andern Planeten mitnehmen... Ran an Cechov!
Wer so schreibt, hat mich gewonnen.  
Sonntag, Juli 25, 2004, 12:55 - BÜCHER
(...) Er ging mit ihr zum eisernen Gartentor, das man nur aufkriegte, wenn man es zuerst nach oben riss, dann erst konnte man es zu sich herziehen. Auch kreischten die Angeln, weil Gottlieb vor lauter Sitzenmüssen nie dazu kam, sie zu ölen. Sie blieb stehen, hob Kopf und Schultern, als stünde sie unter der Dusche, und sagte mit ihrem dabei sich ganz langsam öffnenden Mund: Toll. Gottlieb blieb nichts anderes übrig als zu fragen: Was? Das Kreischen, sagte sie, so schön, so schrill. Und wie sie vorher 'scharf' mit drei f's gesprochen hatte, sprach sie jetzt 'schrill' mit einem nicht aufhörenden l aus. Dass sie ihre Zunge während dieses unaufhörlichen l's ziemlich entblösste, schien ihr nichts auszumachen. La Mettrie lässt grüssen, dachte Gottlieb und machte durch eine Kopfbewegung deutlich, dass er jetzt, solange sie das l trillerte, vor sich auf den Boden schauen werde. Da sah er, zum ersten Mal, ihre Schuhe. Wahrscheinlich waren die jetzt gerade modern. Viel länger als nötig, so weit kann kein Fuss nach vorne kommen, so schmal kein Fuss sein, und ganz vorne nicht mehr spitz, sondern wie abgesägt. Aber das wirklich Attackierende war das Schlangenleder oder Schlangenledermuster. Total tropisch oder: die Schlange persönlich. Die Absätze manirierter als je. Geschwungen dünn und dann doch ziemlich massiv auf den Boden kommend.
Er schaute wieder nach oben.
Sie werden, fürchte ich, von mir hören, sagte sie. (...)
Aus: Martin Walser, DER AUGENBLICK DER LIEBE, rowohlt 2004
Ach Elke.  
Freitag, Juli 23, 2004, 09:24 - PRESSE
Kleines Highlight bei der Durchsicht des Zeitungsstapels: Der Kommentar von H. Sf. (NZZ) zu Elke Heidenreichs Sendung im ZDF vom 6.Juli:
"...Das Gerede von Bücherleidenschaft und Literaturliebe ist nur dürftige Camouflage für den Bestenrummel, der Sendungen dieses Zuschnitts nun einmal an- und umtreibt. Und dann dieses banausische Geschwätz: Wie eine Marktfrau wühlte die ZDF-Buchtante in den Stapeln auf ihrem Tisch, hielt Bücher kurz in die Kamera und versah sie im Stakkato mit Urteilen im Stil der BILD-Zeitung, etwa: 'Moby Dick' sei ein Macho-Buch. So viel zum Niveau. Lyrik erschien gar nicht - 'das wäre wirklich zu kompliziert geworden'. (...) Was an dem Auftritt dieser beiden famosen Leseförderer (Gast war Michael Naumann) aber wirklich beunruhigte, war die von keiner Scham und Scheu mehr eingedämmte Selbstgewissheit der Literatur gegenüber, die auf jeden Versuch einer argumentativen Beschäftigung mit den Werken verzichtet. Wer so vor Publikum über Bücher spricht, muss seine Zuschauer für komplette Idioten halten, die bloss auf die Autorität der Anpreiser vertrauen. Spuren von Nachdenklichkeit fanden sich nur in einigen Einspielfilmen, in denen Prominente von ihren Lieblingsbüchern erzählten. Aber das konnte den Abend nicht retten."
Jeden Freitag. 
Sonntag, Juli 4, 2004, 23:46 - PRESSE
Das Magazin der Süddeutschen Zeitung. Eines der anregendsten Zeitungs-Magazine, die ich kenne, jedenfalls im deutschsprachigen Raum. Regelmässig einen Tick heller, strahlender als die andern.

Diese Füsse gehören Jac van Steen, 48, Dirigent der Weimarer Staatkapelle. "Beim Dirigieren muss man richtig stehen, mit beiden Füssen fest auf dem Boden. Ich muss mit dem Podest verankert sein. Es wäre tödlich für die Spannung, wenn ich zur Musik wippen würde. Der Takt muss im Herz schlagen, nicht in den Füssen."
(aus No. 20 vom 14.5.2004; "Ganz unten". Ulrike Myrzik & Manfred Jarisch präsentieren 22 kesse Sohlen).
Terry Malloy said... 
Sonntag, Juli 4, 2004, 11:54 - BÜCHER
"I could have had class. I could have been a contender, I could have been somebody - instead of a bum: That's what I am."
(Marli Feldvoss / Marion Löhndorf u.a.: Marlon Brando. Reihe Film Bd. 15. Bertz-Verlag, Berlin. 336 S., Preis nebensächlich).
Ich habe einen Traum. 
Freitag, Juli 2, 2004, 12:09 - BÜCHER
Von der immer wieder lesenswerten Leben-Serie in der ZEIT gibt's inzwischen seit längerer Zeit auch ein (erstes) Buch mit den "schönsten und besten Texten und Fotografien" (Ich habe einen Traum; Kiepenheuer&Witsch).
Erstens: Zum Glück habe ich selber eine Auswahl meiner schönsten und besten getroffen (manchmal lohnt es sich wirklich, gewisse Zeitungsartikel auf die Seite zu legen), denn im Buch vermisse ich einige...
Zweitens: Sieh an, sieh an, was man beim Wiederlesen entdecken kann. Ein gewisser Jim Jarmush erzählt da: "...das Jahrtausend ist gerade erst zu Ende gegangen, am 31. Dezember 2000. (...) Ich lebe in New York. Wenn ich auf das Dach meines Hauses gehe und die World Trade Towers sehe, ist es beinahe lustig zu denken: All das könnte morgen verschwunden sein. Ein Erdbeben oder ein Sturm könnte alles wegwischen. Oder eine Wirtschaftskrise. Vielleicht wirft der Planet das menschliche Leben auch ganz ab, um sich selbst zu erhalten."
Jarmushs Traum-Beitrag beginnt auf Seite 119...
Mehr als Freude - Glück! 
Freitag, Juli 2, 2004, 11:40 - BÜCHER

Was mich fasziniert, ist seine offensichtliche Menschenkenntnis, sein Einfühlungsvermögen in die verschiedenen Charaktere, seine Phantasie, sein Humor, sein virtuoser Umgang mit Sprache, seine Detailkunst - und seine ungewöhnliche Persönlichkeit.
Bisweilen war die Lektüre mehr als Freude. Sie war Glück.
(Kommentar von M. Reich-Ranicki, Mai 1995; Foto von Horst Tappe)
Wie peinlich sind Sie eigentlich? Darf man das? 
Freitag, Juli 2, 2004, 11:21 - PRESSE
Ist ein Dreitagebart noch cool?
Kann ein Mann Nichtraucher sein?
Sollte eine Dame, die nicht mehr die Jüngste ist, bauchfreie Tops tragen?
Gibt es einen originelleren Spruch als "Ich komme", wenn man kommt?
Nie mehr dumm auffallen - mit dem Weltwoche-Benimm-Codex.
Nachruf. 
Freitag, Juli 2, 2004, 08:41 - BÜCHER
Zu gern erführe ich aus meinen Nachrufen, was ich eigentlich für eine Lebensaufgabe gehabt hätte. Kurios, dass ein Leben im Rückblick der andern Sinn zu machen scheint.
(Andreas Urs Sommer, 'Die Kunst, selber zu denken', Eichborn)


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